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Bericht über die 12. Hochschule 50+

12. Hochschule 50+: Genau das Richtige für alle, die nie auslernen

Die Hochschule 50+ im Jahr 2023 war ein voller Erfolg. Behandelt wurde das Thema „Biodiversität“. Am 2. Vorlesungstag hielt Prof. Dr. Roman Lenz einen Vortrag zu dem Thema „Biodiversität auf dem Teller – „Essen statt vergessen“. Nachfolgend eine Zusammenfassung seiner Ausführungen.

Essen statt vergessen 

Bei den Gemüsepflanzen haben wir in Deutschland einen enormen Rückgang bei den Sorten zu verzeichnen. „Seit 1936 gingen in Deutschland 75% bis zu 90% der früher vorhandenen Gemüsesorten verloren“, erklärte Prof. Dr. Lenz in seiner Vorlesung  im Rahmen der Hochschule 50+. „Und diese können auch nicht wieder gezüchtet werden. Was weg ist, ist weg“ fasste Prof. Dr. Lenz die Problematik zusammen. 

Ganz dem Thema „Biodiversität“ war die Hochschule 50+ im Jahr 2023 gewidmet. Unter Biodiversität ist dabei eine Vielfalt an Arten bei Tieren und Pflanzen zu verstehen. Bei den Tieren gehört auch eine Vielfalt an Rassen und bei den Pflanzen eine Vielfalt an Sorten dazu. Diese wird als genetische Vielfalt bezeichnet. Daneben gibt es auch noch die Vielfalt aufgrund sehr unterschiedlicher Lebensräume, die sogenannte funktionale Vielfalt.

In dem letzten Vortrag der Vortragsreihe der Hochschule 50+ von Prof. Dr. Roman Lenz stand die genetische Vielfalt insbesondere unserer Gemüsepflanzen im Mittelpunkt. Dabei präsentierte Prof. Dr. Lenz sehr eindrucksvolle Zahlen. Er ließ die Zuhörerinnen und Zuhörer zunächst einmal schätzen, wie viele Sorten Reis es ihrer Ansicht nach gibt. Von hundert bis einige tausend reichten die Schätzungen. Groß war das Erstaunen, als Prof. Dr. Lenz erklärte, dass selbst die Wissenschaft das gar nicht so genau wisse. Es seien mindestens 30.000, es könnten aber auch bis zu 100.000 unterschiedliche Reissorten sein.

Weiter führte Prof. Dr. Lenz aus, dass es weltweit 75.000 essbare Pflanzenarten gebe, dass aber nur 20.000 Pflanzenarten genutzt würden, um 90% der Welternährung sicherzustellen. Und schließlich deckten nur 3 Pflanzenarten, nämlich Reis, Weizen und Mais, 60% des weltweiten Kalorienbedarfs. Dies berge eine große Gefahr in sich. Man müsse sich nur einmal vorstellen, dass ein neuer Schädling auftrete, der eine der wichtigsten Pflanzenarten befalle und die Ernte vernichte.

Ein weiteres Problem, das in eine nicht gewollte Abhängigkeit führen könne, seit die Tatsache, dass die 4 größten Saatgutunternehmen im Jahr 1985 noch 8% des Bedarfs an Saatgut deckten, im Jahr 2017 aber  bereits 79%. Eine solche Konzentration beinhalte sicher gewisse Vorteile aber, wie man sich vorstellen könne, auch enorme Risiken.

Um einer solchen Abhängigkeit zu begegnen, müsse der Staat nach Prof. Dr. Lenz regionale Züchtungsprogramme unterstützen und fördern. Der Schutz unseres Saatguts stelle eine hoheitliche Aufgabe des Staates dar. Leider werde das nicht von allen so gesehen. Dies sei ein großes Risiko und bedeute auch einen Verlust an Souveränität.

Laut Prof. Dr. Lenz gebe es aber nicht nur Schreckensmeldungen sondern auch gute Ansätze, die zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität einen Beitrag leisten würden. Vor allem der Anbau der Alblinsen sei eine Erfolgsstory. Auf den Feldern, auf denen die Alblinsen angebaut würden, würden Feldlerchen und Wachteln Unterschlupf und Nahrung finden. Außerdem wüchsen dort auch Wildkräuter, die man schon 10 Jahre lang nicht mehr gesehen habe und die als nahezu ausgestorben gegolten hätten. Wenn Landwirte auf ihren Kornfeldern Schutzquartiere für Feldlerchen anlegten, erhielten sie Subventionen, für die wir letztendlich alle aufkommen müssten. Ein Linsenanbauer erhalte diese Subventionen nicht, erziele aber einen großen Nutzeffekt für die Biodiversität.

Es gehe aber auch um die Frage, ob die Konsumenten bereit seien, einen Beitrag zur Erhaltung der Vielfalt zu leisten. In Kanada und in der Türkei würden Linsen mit maschinellem Einsatz auf großen Feldern in Mengen geerntet. Der einheimische Linsenbauer habe keine Chance, da preislich mithalten zu können. Insofern hätten es  die Konsumenten in der Hand, die Erhaltung der Vielfalt zu unterstützen, indem sie auch das teurere einheimische und sogar regionale Produkt nicht links liegen ließen. Ganz nach dem Motto „Essen statt vergessen“.

Die Alblinse wurde 2006 in einer Genbank in St. Petersburg gefunden, nachdem die Suche in unserer Umgebung erfolglos verlief. Die Genbank war die Rettung. Dieses Beispiel zeige, wie wichtig eine Genbank sei. Deshalb habe man beschlossen, eine solche Genbank in einem kleinen Rahmen auch bei uns einzurichten und habe diese Initiative „Genbänkle“ getauft, so Prof. Dr. Lenz.

Das „Genbänkle“ ist ein Netzwerk der Sortenretter der Nutzpflanzenvielfalt. Ziel des Genbänkle ist es, alte Kulturpflanzensorten insbesondere von Gemüse durch Anbau und Nutzung in den Gärten an vielerlei Orten zu erhalten und zu nutzen. In diesem Fall funktionieren also die Gärten, in denen die alten Sorten angebaut werden, als Genbank. In Ergänzung zu den zentralen, großen Genbanken sollen so viele kleine Genbanken in den Gärten und Feldern entstehen.

Wer Näheres über das „Genbänkle“ erfahren möchte, kann sich auf Facebook oder Instagram informieren. Es handelt sich um einen Verein, dessen vollständige Bezeichnung „Genbänkle – Netzwerk zur Förderung der Kulturpflanzenvielfalt in Baden-Württemberg e.V.“ lautet. Auskünfte erhält man auch unter info@genbaenkle.de.

 

 

Exkursion der Teilnehmer der Hochschule 50+ zu WALA in Bad Boll und zur Wilhelma in Stuttgart

Kamelie

Wie schon in den Jahren zuvor, gehörte eine Exkursion als Abrundung zum Programm der Hochschule 50+, das Gehörte veranschaulichen, das zu Schauende besser verstehen.

Die erste Station der Exkursion führte zur WALA Heilmittel GmbH, dem Hersteller von Arzneimitteln und der Kosmetikserie Dr. Hauschka. Der Einführungsvortrag über die Produkte, welche dem Heilen, Pflegen und Gedeihen dienen, das konsequent geführte Umweltmanagementsystem der Firma, ließen beeindruckend erkennen, wie IT und Handarbeit es ermöglichen, Wertschätzung für die Natur und wirtschaftliches Denken zu vereinen. Die Rohstoffe unterliegen der strengen NATRUE-Zertifizierung.

Im Heilpflanzengarten, der direkt hinter dem Firmensitz beginnt, wachsen etwa 150 verschiedene Kulturen, die für die Weiterverarbeitung zu Wirkstoffen der WALA Arzneimittel zur Verfügung stehen. Mit den Beeten, dem Gewächshaus, dem Naturteich, dem Waldanteil und den Komposthäufen, zeigt sich das System des ganzheitlichen Gärtnerns. Die Gärtner gewinnen eigenes Saatgut, ziehen Jungpflanzen, halten Bienen, ernten Blüten, Blätter und Wurzeln.

Obwohl es noch früh im Gartenjahr ist, gedeihen bereits einige Pflanzen, wie Bellis perennis, das Gänseblümchen, dessen gesamter überirdisch wachsender Pflanzenanteil als Heilpflanze Verwendung findet.

Wieder im Firmengebäude angekommen, lockten Kaffee, Tee und Hefezopf zu einer kleinen Pause, ehe von der Gruppe unter dem Vortragstitel „Ohne sie ist alles nichts“ die Welt der Bienen entdeckt wurde. Die Vortragende machte deutlich, dass Bienen nicht nur als Honigproduzenten zu sehen sind sondern dreiviertel der Nahrungsmittelpflanzen von ihrer Bestäubung abhängig sind. Die abnehmende Artenvielfalt der Pflanzen erschwert das Überleben der Bienen.

Um die Mittagszeit ging die Fahrt weiter nach Stuttgart-Bad Cannstatt, wo die Tier- und Pflanzenwelt in der Wilhelma entdeckt werden konnte. Mehr als 8.500 verschiedene Pflanzenarten und -sorten zählt der botanische Bestand der Wilhelma. Derzeit kann die Sonderschau der Zitrusfrüchte und die Kamelienblüte erlebt werden. Faszinierend, die in voller Blüte stehenden Kamelien in ihren hellrot-rot-rosa-apricotfarbenen Blüten – aber auch die vielen Sorten an Zitruspflanzen, darunter weniger bekannte wie Kumquat oder Pomeranze.

Die Zeit zur freien Verfügung nutzten viele Teilnehmer zu einem ersten Spaziergang an diesem sonnigen Vorfrühlingstag durch den Park, vorbei an den Gehegen, wo asiatische Löwen, Schneeleoparden, Elefanten, Brillenbären und die fünf Gepardenkinder sichtlich die Sonne genossen.

Während der zweistündigen Führung, durchgeführt von Mitgliedern der „Freunde und Förderer der Wilhelma e.V.“, erfuhren die Teilnehmer, welche Ziele das Zuchtprogramm der Wilhelma verfolgt, welche neuen Anlagen und Gehege geplant sind, wie die Terra Australis, wo bereits jetzt schon für die zukünftigen Bewohner, die Koalas, gesorgt wird, indem Eukalyptusbäume aufgezogen werden.

Mit dem Sonnenuntergang ging’s nach einem erlebnisreichen Tag wieder nach Hause.

 

Reaktion einer Teilnehmerin

Nach der diesjährigen Hochschule 50+ erhielt der Stadtseniorenrat von Frau Cornelia Böhm ein von ihr verfasstes Gedicht und ein von ihr gemaltes Aquarell, welche wir den Besucherinnen und Besuchern unserer Homepage nicht vorenthalten möchten. Mit dem Einverständnis von Frau Böhm werden das Gedicht und das Aquarell nachfolgend veröffentlicht. Der Stadtseniorenrat bedankt sich bei Frau Böhm herzlich für Gedicht und Bild.

Wir „Senor*innen wissbegierig – gesellig und interessiert,
so wurde nach Corona Zwangspause wieder Hochschule 50+ organisiert.
Zwei Tage Vorlesungen „Biodiversität“ in den Räumen der HfWU genossen –
und mit einer Exkursion zu WALA und Wilhelma abgeschlossen.

 Auch für Senioren gilt lebenslanges Lernen, eigene Achtsamkeit erhalten
und das Leben nachhaltig gestalten.
Haben neue Ansichten und Wertvorstellungen erworben
So verstehen wir uns auch als Multiplikatoren 😊

Gemeinsam was unternehmen,
neue Kontakte knüpfen und
sich austauschen – das macht Spaß und Freude
Deshalb bleiben wir dran liebe Leute.

 Geht alles nur mit Engagierten, die alles so toll organisierten.
Danke an die Hochschule und an den Vorstand Stadtseniorenrat
– ohne euch geht es nicht in der Tat.
Und für die Logistik man sorgen muss – uns zur Seite der Sihler-Bus.

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